Ein Blog unserer Geistlichen mit ihren Gedanken zur Predigt.
Ansprache vom 19.03.2023Ansprache zum 4. Fastensonntag
Ich habe einmal gehört, dass Kinder und Katzen, wenn sie auf die Welt kommen, noch nicht sehen können. Erst nach Tagen oder Wochen wird das Sehvermögen ausgebildet. Daran dachte ich, als ich das Evangelium vom heutigen Sonntag las. Da wird von einem Mann berichtet, der blind geboren und von Jesus geheilt wurde. Jesus machte einen Teig mit seinem Speichel, strich ihn über seine Augen und verlangte, dass er sich im Teich Schiloach das Gesicht wasche. Dies erinnert an die Taufe, wo wir durch den Glauben erleuchtet wurden und seitdem Gott erkennen können. Die Pharisäer meinten, sie seien die Sehenden, in Wirklichkeit waren sie die Blinden, weil sie Jesus nicht als Messias erkannt haben. So sagt es Jesus: „Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Finstern, sondern hat das Licht des Lebens.“
Vom Blinden heißt es dann: „Ich glaube, Herr!“ und er warf sich vor ihm nieder. Jesus wirkte hier zwei Wunder, nämlich dass er körperlich wieder sehen konnte und dass er Jesus als Messias und Retter erkannte. Auch der Glaube ist von Gott gewirkt und geschenkt. Glaube kann nicht von uns gemacht werden, auch nicht bei anderen wie den Kindern, Ehepartnern, Arbeitskollegen u.s.w. Wir können den Glauben nicht machen, aber wir können darum beten. Gott hat die Macht, das Licht des Glaubens zu schenken, aber wie können ihn darum bitten, für uns und andere.
Der Augsburger Schriftsteller Bert Brecht sagte einmal, dass er die ganze Bibel gelesen habe, aber nicht zum Glauben gekommen sei. Es Es fehlte der Zündfunke und die Gnade Gottes, vielleicht auch die Bereitschaft, das Leben zu ändern; denn der Glaube bezieht das ganze Leben mit ein.
Der frühere deutsche Papst Benedikt XI. wurde einmal von einem Reporter gefragt, ob er auch Glaubensschwierigkeiten habe. Er antwortete, dass die heutige Zeit es uns schwer mache, einen unangefochtenen Glauben zu bewahren. Er dachte an die Kriege und Terrorakte, an unverschuldetes Leid wie Naturkatastrophen, und an Mitmenschen, die einen anderen Lebensentwurf haben. Auch er würde von solchen Versuchungen bedrängt, mühe sich aber, durch die Dunkelheit wieder zum Licht durchzudringen. Ein Mühen um den Glauben gleiche einer Bergbesteigung, die zwar Mühe macht, aber zu mehr Licht und näher zu Gott heranführt.
Der jüdische Philosoph Martin Buber erzählte einmal die Geschichte von einem Rabbi, der Besuch von einem Ungläubigen erhielt. Dieser war ein aufgeklärter Mann und wollte dem Rabbi beweisen, dass der Glaube rückständig und ein Relikt aus der Vergangenheit sei. Als der Gelehrte die Stube des Rabbi betrat, sieht er den Rabbi mit einem Buch in der Hand nachdenklich auf und ab gehen. Nach einer Zeit bleibt der Rabbi stehen, sieht den Besucher flüchtig an und sagt nur: „Vielleicht ist es aber wahr!“ Dem Gelehrten schlotterten die Knie und er verließ fluchtartig das Haus.
Die Geschichte zeigt uns, dass der Glaube nicht einfach da ist wie ein Besitz. Niemand kann sagen: „Ich habe den Glauben und andere nicht.“ Der Glaube ist etwas Lebendiges, das den ganzen Menschen, Verstand, Wille und Gefühle einbezieht. Er will immer tiefer einwurzeln, sodass mein ganzes Leben immer mehr mit meinem Glauben identisch ist. Mit einem anderen Mann im Evangelium könnten wir beten: „Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!“ Darauf heilte der Herr seinen kranken Sohn. Amen
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